Von Zählkandidaten und Wahlgerechtigkeit

Veröffentlicht am 31.05.2014 in Wahlen
Dr. Oswald Prucker

Kaum ist die Wahl vorbei, schon höre ich von mancher Seite laute Beschwerden. Grund: Es gab auf der Liste der Freien Wähler Kandidaten, die mehr Stimmen hatten, als unsere gewählten Räte und die trotzdem nicht reinkamen. Das wäre ungerecht.

Ist es nicht.

Denn die Gemeindeordnung legt unmissverständlich fest: "Gewählt wird auf Grund von Wahlvorschlägen unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältniswahl. " (§26 Abs. 2 Satz 1). Unter den Wahlvorschlägen sind die Listen zu verstehen und eine Verhältniswahl will nun mal, dass die Sitze nach der Stärke der Listen zu vergeben sind. Damit zählen alle Stimmen zum Gesamtergebnis, auch die die an schwächere Kandidatinnen und Kandidaten gingen.

Bei einer Mehrheitswahl gilt dagegen das Recht des Stärkeren: Es kommen genau die Kandidaten in den Rat, die die meisten Stimmen haben. "The winner takes it all". Die Stimmen der unterlegenen Kandidatinnen und Kandidaten gehen dabei verloren.

Die Mehrheitswahl betont das besondere Vertrauensverhältnis zwischen den Wählerinnen und Wählern und den Gewählten, nimmt aber kleineren Gruppierungen die Chance auf einen Sitz und erschwert es Nachwuchskräften Fuß zu fassen. Das schafft die Verhältniswahl.

Unser Wahlrecht versucht beiden Aspekten gerecht zu werden und schreibt deshalb eine Verhältniswahl vor, die die Listen zwar vorschreibt und dem Ergebnis zugrunde legt, aber es legt die Wählerinnen und Wähler in ihrer Entscheidung nicht fest: Wir dürfen panaschieren und kummulieren und können darüber auch unser besonderes Vertrauen zu bestimmten Kandidatinnen und Kandidaten zum Ausdruck bringen. Mit der Folge, dass eben der eine oder die andere nicht reinkommt, obwohl sie eigentlich recht viele Stimmen haben.

Es ist wie so oft: Man kann es nicht allen recht machen, aber die Gemeindeordnung ist in dieser Sache - so finde ich - recht ausgwogen aufgestellt.

Und: Den Begriff "Zählkandidat" finde ich grauenhaft. Er würdigt Menschen herab, die sich politisch sehr stark einbringen und halt ihre Gruppierung unterstützen. Sehr oft mit sehr viel Engagement. Das ist aller Ehren wert und ich freue mich über jede einzelne Stimme, die die "Zählkandidaten" (ab wie wenig Stimmen ist man das eigentlich?) bekommen haben. Unabhängig von der Liste, auf der sie standen.

Oswald Prucker

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